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Dokumente Kirchen und Judentum
Der jüdisch-christliche Dialog hat das Verhältnis von Kirche und Judentum verändert wie auch die Wahrnehmung des Christentums auf jüdischer Seite. Das Projekt Dokumente Kirchen und Judentum ist Teil dieses Prozesses und dokumentiert seit 1945 kirchliche und jüdische Verlautbarungen zum Verhältnis von Kirche und Israel, von Christentum und Judentum bis heute. Diese Texte sind nun auch online verfügbar und für Ihre Recherche durch ein christlich-jüdisches Redaktionsteam editorisch aufbereitet.
Zwei umfangreiche Printdokumentationen belegen bereits die Bemühungen um eine neue Kultur der Beziehung zwischen Christentum und Judentum:
Rolf Rendtorff / Hans Hermann Henrix (Hg.), Die Kirchen und das Judentum. Band I: Dokumente von 1945 bis 1985, Paderborn / Gütersloh 2001.
Hans Hermann Henrix / Wolfgang Kraus (Hg.), Die Kirchen und das Judentum. Band II: Dokumente von 1986 bis 2000, Paderborn / Gütersloh 2001.
Diese Bände haben sich als wichtiges Quellenwerk für die wissenschaftliche Bearbeitung von Fragen der Beziehung der Kirchen zum jüdischen Volk und Judentum, aber auch für die Vergewisserung bei Anliegen von Schule, Bildung und Seelsorge bewährt. Sie bleiben als Grundlagenwerk unverzichtbar und werden nachhaltig konsultiert.
Nun sind die Bemühungen um die Pflege, Reflexion und Weiterentwicklung der Beziehung der Kirchen zum Judentum auch nach dem Jahr 2000 weitergegangen. Der Prozess der Neuorientierung bzw. Festigung einer neuen Kultur christlich-jüdischer Beziehung ist unabgeschlossen. Bisweilen können auch Störungen und Irritationen diese Beziehung belasten. Dennoch kann man von einer vitalen und vorwärtsweisenden Lebendigkeit in der Beziehung zwischen der katholischen Kirche und dem Judentum und jüdischem Volk sprechen. Vergleichbares gilt für die Beziehung der Kirchen der Reformation zum Judentum. Der hier angebotene Zugang zu den Dokumenten seit 2000 wird fortlaufend aktualisiert und erweitert. Ebenfalls im Blick sind die Anstrengungen der Anglikanischen Kirche und des Altkatholizismus sowie der östlichen und orientalischen Orthodoxie, ihr Verhältnis zum Judentum neu zu bestimmen. Sehr erfreulich ist, dass durch die jüdische Beteiligung an diesem Quellenwerk nun noch vertiefter und mehr jüdische Texte vorgestellt werden können.
Hintergrund
Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil und ihrer Erklärung über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen Nostra aetate vom 28. Oktober 1965 ist der katholischen Kirche und Theologie bewusst geworden, dass die Klärung der Beziehung der Kirche zum jüdischen Volk und Judentum zu den gewichtigen Herausforderungen der Kirche zählt.
Auch für die evangelische Kirche war Nostra Aetate Inspiration und Anstoß zur eigenen Klärung der theologischen Verhältnisbestimmung von Kirche und Israel. Dabei spielten die Selisberger Thesen genau so eine grundlegende Rolle wie die Gründung der AG Christen und Juden auf dem Deutschen evangelischen Kirchentag in Berlin 1961. Die Suche nach einer neuen theologischen Verhältnisbestimmung zu Israel unter der Prämisse der bleibenden Erwählung und Ablehnung von Judenmission bestimmte fortan die Auseinandersetzung. Diese Arbeit wurde dabei maßgeblich vom christlich-jüdischen Dialog geprägt. Voneinander lernen über Gott, den Gott Israels und Vater Jesu Christi eröffnete Dialogräume, die getragen waren von der Überzeugung, dass nur im Miteinander und Austausch gottgefälliges und menschenfreundliches Leben möglich sind.
Auch wenn die vergangenen Jahrzehnte auch Momente der Irritationen und Konfrontation nicht ausschließen konnten, hat doch die jüdische Stellungnahme zu Christen und Christentum unter dem Titel Dabru Emet – Redet Wahrheit vom 10. September 2000 gute Gründe für ihre Vertrauenskundgabe zur jüdisch-christlichen Beziehung: „In den vergangenen Jahren hat sich ein dramatischer und unvorhersehbarer Wandel in den christlich-jüdischen Beziehungen vollzogen… Eine wachsende Zahl kirchlicher Gremien, unter ihnen sowohl römisch-katholische als auch protestantische, haben in öffentlichen Erklärungen ihre Reue über die Misshandlung von Juden und Judentum zum Ausdruck gebracht. Diese Erklärungen haben zudem verdeutlicht, wie christliche Lehre und Predigt reformiert werden können und müssen, um den unverändert gültigen Bund Gottes mit dem jüdischen Volk anzuerkennen und den Beitrag des Judentums zur Weltkultur und zum christlichen Glauben selbst zu würdigen.“
Auswahlkriterien
Das Vorhaben, einen möglichst zuverlässigen Zugang zu den Dokumenten seit 2000 in digitaler Form online anzubieten, folgt den gleichen Auswahlkriterien wie in den genannten Dokumentenbänden. Es werden offizielle und offiziöse Verlautbarungen kirchlicher Gremien und kirchenleitender Amtsträger zugänglich gemacht. Ausarbeitungen oder Entwürfe von Kommissionen oder Studienkreisen werden nur aufgenommen, wenn sie mit einem Mandat durchgeführt und veröffentlicht worden sind. Eine Konzentration in thematischer und inhaltlicher Hinsicht wird vorgenommen, insofern Dokumente bevorzugt werden, in denen theologische Aussagen zum Verhältnis der Kirchen zum Judentum gemacht werden. Es ist ein begründeter Ausnahmefall, wenn eine Stellungnahme zum Antisemitismus, zur Nahostsituation und zu anderen politischen und gesellschaftlichen Problemen zugänglich gemacht wird, in der eine theologische Reflexion im Hintergrund bleibt oder gar nicht ausdrücklich gemacht wird. Es handelt sich bei der hier zugänglich gemachten Sammlung von Dokumenten also nur um eine relative Vollständigkeit. Gleichwohl soll ein aussagekräftiger Einblick in die Fortschreibung der Positionen zur christlich-jüdischen Beziehung und darüber hinaus ermöglicht werden. Pointiert dialogfeindliche Standpunkte sollen mit diesem Dienst jedoch kein Forum erhalten.
Anlage der Dokumentation
Die Anforderung der Durchsuchbarkeit einer online-Datenbank führte dazu, die Gliederung der Texte neu zu organisieren. Da die Arbeitsgruppe den Nutzern eine klare Übersicht liefern wollte, wo welche Texte zu finden sind, war es notwendig, die Gliederung der Printbände zu überarbeiten. Neben einer klaren Struktur war vor allem die sachgemäße Benennung der konfessionellen Gruppen wichtig.
Auf jüdischer Seite wurde daher die Klassifizierung in J.N nichtorthodoxe und J.O orthodoxe Verlautbarungen getroffen. Dazu kommt noch J.D mit denominationsübergreifenden Dokumenten.
Der evangelischen Seite erschien es wichtig, die Verlautbarungen nicht mehr einfach in ökumenisch, deutsch und nicht-deutsch zu unterteilen, sondern hier die konfessionellen Unterschiede und Gemeinsamkeiten zu beachten. E.I umfasst weiterhin die überkonfessionellen Texte. E.II dann die der verfassten evangelischen, reformierten und unierten Kirchen sowie der vorreformatorischen Kirchen. In E.III versammeln sich dann Verlautbarungen von Freikirchen, charismatischer Gruppierungen und Pfingstgemeinden. Die Texte der Anglikanischen Kirche und der altkatholischen Kirche sind unter E.IV zu finden. Der Orthodoxie kommt nun eine eigene Kategorie O. zu, die nochmals unterteilt wird in O.I Östliche Orthodoxie und O.II Orientalische Orthodoxie.
Auch auf katholischer Seite wurde umstrukturiert. Nicht mehr vatikanische, deutsche und nicht-deutsche Texte werden getrennt, sondern die katholische Welt wird unterteilt in K.I mit Vatikanischen Verlautbarungen und K.II, das die internationalen und nationalen Verlautbarungen von Bischöfen, Synoden und Diözesen umfasst. K.II untergliedert sich daher nochmals in K.II.DE Deutschland; K.II.EU Europa; K.II. AM Nord- und Südamerika und K.II.WK Weitere Kontinente. Damit wird die katholische Welt in ihrer Gänze abgebildet und in ihrer weltweiten Bedeutung sachgerechter wahrgenommen. Nachdem in der Arbeitsgruppe dann alle neuen Kapitel noch nach Alphabet sortiert wurden, blickten wir voller Freude auf eine gelungene Gliederung die die christlich-jüdischen Texte voranstellt und die Kategorie J in der Mitte – flankiert von E und K und O –präsentiert. Die Arbeit an den Dokumenten seit 1945 spiegelt daher nicht nur die Bewegungen, die innerkirchlich und innerjüdisch geschehen sind wider, sondern ist selbst Spiegelbild dieser Veränderung und eben auch ihr Ergebnis.
Aufbau
Der Aufbau der einzelnen Abschnitte und des einzelnen Dokumentes übernimmt die bewährte Struktur der beiden Printdokumentationen Die Kirchen und das Judentum. Jedes Dokument wird mit einem vierteiligen Schema präsentiert:
- Überschrift, die das verantwortliche Gremium bzw. die Person, die Bezeichnung des Dokuments und den Zeitpunkt der Verlautbarung nennt.
- Redaktioneller Vorspann, der nähere Umstände des Zustandekommens, u.U. die Vorgeschichte, Stellung im geschichtlichen und theologischen Kontext und Beziehungen zu anderen Dokumenten nennt sowie eine kurze inhaltliche Charakterisierung gibt.
- Wortlaut des Dokuments in deutscher Sprache.
- Redaktioneller Nachspann, der die Sprache (sofern nicht Deutsch) und den Ort der Erstveröffentlichung (bei bisher unveröffentlichten Dokumenten die Quelle, die uns vorlag, z.B. das entsprechende Manuskript) sowie gegebenenfalls die Herkunft der Übersetzung angibt.
Arbeitsgruppe
Die online-Dokumentation wird von einer ökumenisch und interreligiös zusammengesetzten Arbeitsgruppe laufend aktualisiert und fortgeschrieben.
Prof. em. Dr. Hans Hermann Henrix
Prof. Dr. Reinhold Boschki – Universität Tübingen
Rabbiner Dr. Jehoschua Ahrens – Universität Salzburg
Valesca Baert-Knoll – Universität Tübingen
Pfarrerin Jennifer Ebert – Theologische Hochschule Augustana
Dr. Axel Töllner – Theologische Hochschule Augustana
Förderung
Wir danken der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) für die großzügige Förderung.